ETN-Code: MESKD101
Titel der Veranstaltung: Transkulturalität und Kulturkonflikt
Untertitel: Zwischen Istanbul, Tirana und Beijing: Historisch-politische Narrative in Ismail Kadares transkulturellem Albanien
Art der Lehrveranstaltung: Vorlesung
Kreditpunkte: 3
Semester: WiSe 2020/21
Turnus: gemäß Curricula
Semesterwochenstunden: 2
Kursverantwortliche/r: BINDER Dieter Anton [1201200015]
Dozent/in: Grünzweig Walter [1201900163]
Organisationseinheit: Lehrstuhl für Kulturwissenschaften
Ziele und Inhalt des Kurses: Mit Ismail Kadare verfügt das bis in die jüngste Vergangenheit kulturell weitgehend isolierte Albanien über einen international bekannten Autor, der häufig zur Weltliteratur gezählt wird. Seine Biografie und sein Werk reflektieren die Widersprüchlichkeit und Gespaltenheit seines Landes zwischen osmanisch-islamischer und westlich-christlicher Tradition, zwischen dem außerstaatlichen, der Blutrache verpflichteten Gesetzlichkeit des Kanun im gebirgigen Norden und einer viel stärker etablierten Institutionen folgenden Machtstruktur im Süden, zwischen einer aufstrebenden urbanen Bürgerlichkeit und einer uralten ländlichen Volkskultur. Gleichzeitig hat jedoch ein, wenn auch heterogenes, albanisches Nationalbewusstsein überlebt, aus dem heraus auch die bedrückende monolithische Diktatur Enver Hoxhas erklärt werden kann. Kadare, sowohl Kritiker als auch Teil des Systems, Dissident bzw. Exilant wie auch Mitglied der kulturell-intellektuellen Führungsschicht, (post)modernistischer Autor wie sozialistischer Realist, hat ein umfangreiches Oeuvre vorgelegt, das diese Widersprüchlichkeit nicht nur reflektiert, sondern aus ihr spannende Werke schafft, die auch die Entwicklung seines Landes beeinflusst haben. Auf der Grundlage von Romanen und Novellen und anderen von Kadare verwendeten Genres aus dem historischen osmanischen Themenkreis wie aus dem kommunistischen und postkommunistischen Albanien, die als ’kulturelle Texte’ gelesen werden, reflektiert das Seminar die Rolle des Schriftstellers und Intellektuellen in seiner Gesellschaft, die Funktion von Nationalismus und Ursprungsnararrativen und die Sonderrolle Albaniens in der (mittel-ost-)europäischen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg. Albanien wird als radikales, aber gerade deshalb aufschlussreiches Beispiel eines kommunistischen Landes in Europa gesehen. Dabei darf das von Kadare intensiv behandelte Thema der Verbindung mit China angesichts des in Form der Seidenstraße neu auf die Agenda gerückten globalen Anspruchs der Volksrepublik besonderes Interesse auch für die unmittelbare und mittelbare Zukunft für sich beanspruchen. Eines der isoliertesten Länder Europas (und der Welt) wird so in einem transkulturellen, kulturanthropologisch relevanten Zusammenhang gebracht.
Thema der einzelnen Lehreinheiten:
Termin | Thema | Literatur |
KW 40 |
Chronik in Stein: Einführung in das Werk Ismail Kadares Albanien in seinen transkulturellen Bezügen Transkulturelle und postkoloniale Theorie und Modellanalyse |
Ein Reader mit den Texten der Primär- und Sekundärliteratur wird Anfang September 2020 zur Verfügung gestellt. |
KW 46 |
Die Schleierkarawane: Albanien im transkulturellen osmanischen Kontext Vorstellung und Diskussion der Studierendenprojekte |
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KW 50 |
Der große Winter: Albanien und Chinas erster Griff nach Europa Trauerlieder: Das postsozialialistische Albanien Vorstellung und Diskussion der Studierendenprojekte; Transfer der Erkenntnisse für zukünftige wissenschaftliche Arbeit; Diskussion der Seminarprojektarbeiten |
Empfohlene Literatur (für die Gesamtveranstaltung):
Sprache der Lehrveranstaltung: Deutsch (ger)
Notenskala: Prüfung (fünfstufig)
Form und Umfang der Leistungskontrolle:
Mündliche Präsentation in KW 46 und 50; schriftliche Seminarprojektarbeit über ein Werk bzw. eine Thematik.
Prüfungsanmeldung: über das elektronische Studienverwaltungssystem
Anmerkungen: